Das Recht als Hort der Anarchie
Gesellschaften ohne Herrschaft und Staat
Von Hermann Amborn
Berlin: Matthes & Seitz Berlin, 2016 (Reihe: Fröhliche Wissenschaft). Softcover (Klappbroschur), 285 Seiten. ISBN: 978-3957572400.
Beschreibung:
Dass sich gesellschaftliches Zusammenleben auch anders als in Form hierarchisch aufgebauter Staaten organisieren ließe, ist für viele Mitglieder westlicher Gesellschaften kaum vorstellbar. Doch auch abgesehen von den Träumereien romantischer Utopisten gibt es heute funktionierende Gesellschaften jenseits staatlicher Einflüsse, die auf Rechtsverfahren und Problemlösungsmechanismen ohne Herrschaft basieren.
Anhand empirischer Untersuchungen in nicht-hierarchischen Gesellschaften am Horn von Afrika stellt diese Studie staatliche und herrschaftsfreie Gemeinschaftsordnungen einander gegenüber und analysiert die institutionellen Elemente eines anarchischen Miteinanders, die durch Konsensfindung und ethisch basierten Integrationsmechanismen zur Stabilisierung dieser Gesellschaftsform beitragen, was auch für die westliche Welt Anregungen bietet.
I. Herrschaft ist keine Universalie [9]
1.1. Problemstellung und Zielsetzung [9]
1.2. Gesellung. Staat versus regulierte Anarchie [14]
1.3. Herrschaftsfrei im Herrschaftsstaat [23]
1.4. Egalitäre Tendenzen in den Metropolen [28]
1.5. Egalitäre Verhältnisse weltweit [33]
1.5.1. Globale Verbreitung [33]
1.5.2. Nichthierarchische Gesellschaften im Osthorn Afrikas [38]
1.5.3. Im Wandel: Rechtsethnologie, Rechtspluralismus und indigènes Recht [46]
II. Macht und Gewalt, Macht und Recht [53]
11.1. Gewaltmonopole [53]
11.2. Michel Foucault: Subjekt, Machtbeziehungen und die Verinnerlichung von Normen [57]
11.3. Hannah Arendt: Gemeinsames Handeln, Macht versus Gewalt [64]
11.4. Pierre Clastres: Die Neutralisierung der Macht [75]
11.5. Jürgen Habermas: Kommunikatives Handeln und Normfindung [80]
III. Macht, Recht und Anti-Herrschaft in polykephalen Gesellschaften im Horn von Afrika [9 5]
III.1. Bedeutende Personen [97]
III.1.1. Regulus sacer [98]
III.1.2. Weitere gesellschaftlich einflussreiche Personen [106]
III.2. Rahmensetzung und Kontrolle der Befugnisse von Würdenträgern [111]
III.3. Das Recht als Grundpfeiler polykephaler Gesellschaftsordnung [130]
III.3.1. Rechtsfälle. Erster kurzer Überblick [137]
III.3.2. Rechtsfindung [141]
III.3.3. Gremien und Ratsversammlungen [149]
III.3.4. Gewichtung von Rechtsfällen und deren soziopolitische Bedeutung [159]
III.4. Ablauf und Ergebnisse der Verhandlungen [182]
III.5. Überlegungen zur Akzeptanz von Entscheidungen [199]
III.6. Konsensfindung: Rationale Kommunikation und sinnliche Erfahrung 214]
IV. Rechtsgemeinschaft als Garant einer herrschaftsfreien Gesellschaft [227]
Dank [243]
Anmerkungen [245]
Literatur [269]
"Hermann Amborns Studie kommt zur rechten Zeit, weil sie hilft, die Enge und Unvermeidlichkeit unseres Paradigmas zu verlassen. In einer Zeit, in der die Gewissheiten unserer westlichen Gesellschaft fragwürdig werden, der Staat immer öfter die Kontrolle verliert und zuweilen das Gewaltmonopol des Staates in den Zweifel gerät, ist es immer wichtig, kritisch und schonungslos über unsere Gesellschaft, über unsere Werte und Normen nachzudenken. Und sei es nur, um sich ihrer zu vergewissern."
Klaus-Rüdiger Mai, Deutschlandradio Kultur